Das Fachgebiet Kunststofftechnik der TU Ilmenau (KTI) startet in Zusammenarbeit mit den Partnern Steinbeis Qualitätssicherung und Bildverarbeitung GmbH (SQB), Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme gemeinnützige GmbH (IMMS), eitech Werkzeugbau GmbH (eitech) sowie Kunststoff- und Holzverarbeitungswerk GmbH (KHW) das Verbundprojekt ProQuaOpt, welches untersucht, ob die Produktivität und Qualität von Kunststoff-Spritzgießprozessen durch den Einsatz maschineller Lernverfahren in Verbindung mit Informationen unterschiedlicher Sensoren gesteigert werden.

Beim Herstellungsprozess von Kunststoffbauteilen liegt der Anteil von Ausschussteilen nach Herstellerangaben bei ca. 5 %. Dies entspricht für die deutsche Kunststoffindustrie ca. 750kt Kunststoff, welcher der Verwertung zugeführt werden muss. Gängige Lösungen zur Ausschussvermeidung ist die Überwachung der Ist-Werte der Spritzgießmaschine, so dass bei einer definierten Abweichung vom Soll-Wert ein Eingreifen vom Maschinenbediener nötig ist [1]. Hierbei kann das System nur auf Fehler reagieren, die im vordefinierten Parameterbereich auftreten, selbst wenn Nicht-in-Ordnung(NiO)-Teile schon vor dem Schwellenwert festgestellt werden.

Abbildung 1: Übersicht des zu entwickelnden Produkt-Prozess-Qualitätskreislauf (PPQRK)

Der zu entwickelnde Produkt-Prozess-Qualitätsregelkreis (PPQRK), wie in Abbildung 1 dargestellt, überwacht nicht die Ist-Werte der Maschine, sondern über Sensortechnik die Qualitätsmerkmale der Formteile. Hierbei werden KI-Methoden, wie maschinelles Lernen [2], eingesetzt, um ein lernendes spektrales Bildverarbeitungsverfahren für die Qualitätsprüfung in Kombination mit weiterer Sensorik (z.B. IR-Kamera, Wägezelle, Temperatursensor) zu entwickeln. Die Korrelation verschiedener Sensordaten ermöglicht eine präzisere Fehlerdiagnose, so dass im nächsten Prozessschritt ein KI-basiertes selbstlernendes Assistenzsystem geeignete Prozessparameter variiert, um die Qualität der Formteile wiederherzustellen und einen optimalen Betriebspunkt für den Prozess zu finden, um Zykluszeit und Energieeinsatz zu minimieren [3].

Abbildung 2: Erzwungene Qualitätsmängel zur Datenerhebung (links: Lichtbildkamera detektiert unvollständige Füllung, Verzug und Vakuole, rechts: Thermografieaufnahme gleiches Bauteil zum Abgleich der Fehler)

Zum Anlernen des KI-Algorithmus werden fehlerhafte Formteile wie in Abbildung 2 maschinell erzeugt. Zusätzlich soll im Projekt ein Verfahren entwickelt werden, welches mit einem CAD-Modell des Spritzgießformteil synthetische Daten von Oberflächenfehlern generieren kann, was den Versuchsaufwand der maschinell hergestellten Fehlteile reduziert.

Der zu entwickelnde KI-gestützte PPQRK ist nicht an bestimmte Hersteller von Spritzgießmaschinen gebunden und soll nachrüstbar sein.

Das Forschungsprojekt ProQuaOpt 01IS22019 wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Die Projektpartner danken dem BMBF für die finanzielle Unterstützung dieses Forschungsthemas.

[1] Ogorodnyk, O., & Martinsen, K. (2018). Monitoring and control for thermoplastics injection molding a review. Procedia Cirp, 67, 380-385

[2] Grabmann, M.; Feldhoff, F.; Gläser, G. (2019) IntelligEnt – Künstliche Intelligenz und Machine Learning für den Entwurf und die Verifikation komplexer Systeme. Thüringer Forum Künstliche Intelligenz, 24 May, Erfurt, Germany

[3] Karbasi H, Reiser H, editors. Smart Mold: Real-Time in-Cavity Data Acquisition. First Annual Technical Showcase & Third Annual Workshop, Canada; 2006: Citeseer
 

Kontakt

Prof. Florian Puch
Technische Universität Ilmenau
Fakultät für Maschinenbau/FG Kunststofftechnik
florian.puch@tu-ilmenau.de