Forschung

Auf den Punkt: Nanoskalige Spitze bringt zweidimensionale Materialien hochpräzise in Form

Wissenschaftler der TU Ilmenau haben eine unkonventionelle Methode basierend auf einer nanometerskaligen Rasterspitze entwickelt, um zweidimensionale, halbleitende Nanomaterialen mit höchster Präzision minimalinvasiv zu strukturieren und zu studieren. Die Forschungsergebnisse entstanden im Rahmen einer Promotion innerhalb des Graduiertenkollegs „Spitzen- und laserbasierte 3D-Nanofabrikation in ausgedehnten makroskopischen Arbeitsbereichen“ (3D-NanoFab) unter Leitung von Prof. Steffen Strehle und wurden in der renommierten Zeitschrift „Advanced Materials“ veröffentlicht.

Hand führt "Pinzette" über grün schimmernden Wafer ari
Wafer in einer Nanopositionier- und Nanomessmaschine (3D-NanoFab)

Als Halbleitermaterial, beispielsweise für Computer, Smartphones oder Solartechnik, wird meist Silizium verwendet. Da die Leistungsanforderungen an moderne Elektronik aber immer höher werden, müssen auch neuartige Halbleitermaterialien für elektronische Bauelemente und die zugehörigen Technologien erforscht werden. Als alternative Werkstoffe werden derzeit sogenannte zweidimensionale Materialien wie Graphen intensiv diskutiert.

Um ihr Potenzial als ultradünne, das heißt nur wenige Atomlagen dicke Materialien für effiziente Elektronik zu entfalten, müssen sie aber nicht nur hergestellt, sondern auch strukturiert und funktionell in elektronische Architekturen integriert werden. Da konventionelle Mikrotechnologien die Materialien und ihre Eigenschaften beeinträchtigen können, entstehen neue technologische Hürden. Diese Herausforderungen haben die Wissenschaftler der TU Ilmenau in ihren jüngsten Untersuchungen adressiert: Die Methode zur Strukturierung von zweidimensionalen Materialien, die sie entwickelt haben, beruht auf einer nanoskaligen Spitze mit einem Radius über 5000-mal kleiner als der Durchmesser eines Haares, die ähnlich wie bei der Rasterkraftmikroskopie mit höchster Präzision über die Oberfläche des Materials geführt wird. Indem zwischen dem Material und der Spitze eine Spannung angelegt wird, sendet die Spitze Elektronen mit vergleichsweise geringer Energie aus und „beschießt“ die Probenoberfläche hochlokalisiert mit Elektronen – das heißt genau dort, wo das zweidimensionale Material strukturiert, das heißt „in Form“ gebracht werden soll.

Beliebige Oberflächnemuster ohne messbare Änderung im Material

Als Werkstoff verwendeten die Wissenschaftler dabei wenige Atomlagen beziehungsweise Nanometer dicke Flocken des zweidimensionalen Materials Molybdänditellurid (MoTe2), das sie mit Hilfe des Elektronenbeschusses und Wassermolekülen zu wasserlöslichem Oxid oxidierten, um es anschließend gezielt zu entfernen. „Durch die kontrollierte Bewegung der Spitze und die damit verbundene örtliche Oxidation konnten wir quasi beliebige Oberflächenmuster erzeugen, ohne anderweitige messbare Änderungen im zweidimensionalen Material hervorzurufen“, erklärt Christoph Reuter, Doktorand der zweiten Generation des interdisziplinären Graduiertenkollegs „3D-NanoFab“. Die Forschungsarbeiten führte er im Rahmen seiner Promotion gemeinsam mit Professor Steffen Strehle, Sprecher des Graduiertenkollegs und Fachgebietsleiter der Mikrosystemtechnik an der TU Ilmenau, und Dr. Gernot Ecke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Nanotechnologie, durch.

Ihre Methode setzten die Wissenschaftler anschließend ein, um einen ultradünnen Transistor aus nur drei Atomlagen MoTe2 herzustellen und so weitere Forschungen, beispielsweise im Bereich neuartiger Elektronik, Sensorik oder Energiewandlung, zu inspirieren: „Unsere Methode wollen wir in den kommenden Jahren erweitern und auch für Anwendungen im Bereich der ‚grünen‘ energieeffizienten Elektronik einsetzen“, so Prof. Strehle: „Die Forschungsergebnisse sollen zudem unmittelbar in Lehrveranstaltungen an der TU Ilmenau einfließen, um Studenten, zum Beispiel der Studiengänge Mechatronik, Maschinenbau und Micro- and Nanotechnologies, frühzeitig in unsere Forschung einzubeziehen.“

Mehr über das Studienangebot der TU Ilmenau

 

Über das Graduiertenkolleg 3D-NanoFab

Das Graduiertenkolleg zur spitzen- und laserbasierten 3D-Nanofabrikation in erweiterten makroskopischen Arbeitsbereichen wird seit 2017 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und ermöglicht es Nachwuchsforschenden, auf höchstem Niveau zu promovieren. Im Rahmen des strukturierten Forschungs- und Qualifizierungsprogramms werden sie in drei hochspezialisierten Forschungsbereichen eingesetzt: der Entwicklung von Verfahren zur Produktion im Nanometerbereich, der Steuerung und Regelung von Fabrikationsmaschinen für die hochpräzise Positionierung von Bearbeitungswerkzeugen und der messtechnischen Absicherung der Fertigungsergebnisse.

www.tu-ilmenau.de/nanofab

 

Originalpublikation

Reuter C, Ecke G, Strehle S (2024). "Exploring the Surface Oxidation and Environmental Instability of 2H-/1T’-MoTe2 Using Field Emission-Based Scanning Probe Lithography", Advanced Materials, 36, 2310887 (1-14), https://doi.org/10.1002/adma.202310887

Kontakt

Prof. Steffen Strehle

Sprecher Graduiertenkolleg 3D-NanoFab, Leiter Fachgebiet Mikrosystemtechnik