Studium

Ilmenauer Take-Home „Labor-Koffer“ goes Down Under

Komplexe Laborversuche vom heimischen Arbeitsplatz aus durchführen – und das zu jeder Tages- und Nachtzeit und über institutionelle und räumliche Grenzen hinweg: Das ist das Ziel von Projekten zur Weiterentwicklung digital gestützter Hochschullehre an der TU Ilmenau. Gemeinsam mit Professor Alexander Kist von der University of Southern Queensland in Toowoomba haben Wissenschaftler der Universität jetzt erstmals das hybride Take-Home Labor als Teil des GOLDi Remote Labs für den Einsatz in der Lehre in Australien getestet.

TU Ilmenau
Dr. Karsten Henke (Mitte), Gastwissenschaftler Proffessor Alexander Kist (rechts) und M.Sc. Johannes Nau testen einen an der TU Ilmenau entwickelten Take-Home Lab-Koffer mit einer angeschlossenen speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS).

Sogenannte Online- Labore, die die Lehre an Universitäten digital unterstützen, haben nicht erst seit der Corona-Zeit Einzug an Universitäten gehalten. Sie sind ebenso leistungsfähig wie technische Einrichtungen vor Ort, jedoch deutlich flexibler: Lerninhalte in Form von interaktiven Simulationen und Videoaufzeichnungen sind per Fernzugriff von überall aus nutzbar, und Studierende können ihrem individuellen Arbeitsrhythmus und Kenntnisstand entsprechend selbst entscheiden, wann sie darauf zugreifen. Das praktische Experimentieren und das damit verbundene „haptische Lernen“ ist jedoch in traditionellen Online-Laboren nicht gegeben.

Deshalb sollen es hybride Take-Home Labs Studierenden der Mathematik, Informatik, Natur- und Ingenieurwissenschaften, sogenannten MINT-Fächer, ermöglichen, mit eigenen Steuereinheiten per Internet komplexe Experimente „zum Anfassen“ von zu Hause aus durchzuführen, indem sie ferngesteuert auf Hardware in einem Labor zugreifen. Entwickelt wurden sie im Rahmen eines Fellow-Projekts des Stifterverbandes im interaktiven hybriden Online-Labor GOLDi („Grid of Online Lab Devices Ilmenau“), das schon seit über zehn Jahren für Lehrveranstaltungen, praktische Arbeiten und Online-Demonstrationen an der TU Ilmenau genutzt wird. Aktuell werden sie in einem Impulsprojekt des eTeach-Netzwerkes Thüringens weiterentwickelt, um sie für die fächerübergreifende, remote-basierte hybride Lehre nutzbar zu machen.

Komplexe Handware online steuern

Um das Konzept auch über Länder- und Diziplingrenzen hinweg zu erproben, arbeitete Prof. Alexander Kist von der University of Southern Queensland in Toowoomba in den vergangenen beiden Monaten als Gastwissenschaftler im GOLDi Remote Lab. Als Professor für Telecommunications an der School of Engineering unterrichtet er u.a. den Einsatz speicherprogrammierbarer Steuerungen (SPS) im industriellen Umfeld. Gemeinsam mit Dr. Karsten Henke und Johannes Nau vom Fachgebiet Integrierte Kommunikationssysteme bereitete er die ersten Take-Home Lab Koffer so vor, dass er sie an seiner Heimatuniversität für einen ersten Testlauf in der Lehre einsetzen kann.

Die meisten unserer Studierenden haben eine eigene SPS zuhause, mit der sie eigenständig interaktive Objekte steuern oder mit Softwareanwendungen interagieren können - aber keinen direkten Zugang zu Experimentierumgebungen mit komplexer elektromechanischer Hardware, wie sie in Ilmenau vorhanden ist

,erklärt Professor Kist. Hier ergänzen sich die beiden Universitäten ideal:

In unserem GOLDi  Remote Lab verfügen wir über eine Reihe solch elektromechanischer Hardwaremodelle wie ein 3-Achs-Portal, einen Fahrstuhl oder ein Hochregallager“, so Dr. Henke: „Mit den von uns vorbereiteten Take-Home Lab Koffern können wir den Studierenden in Australien eine Schnittstelleneinheit zur Verfügung stellen, an die sie ihre eigene SPS anschließen und so komplexe Hardwaremodelle an unserer Universität von Australien aus über das Internet steuern können.

Cross-Reality Labore für ein Lernen und Arbeiten 4.0

Die Take-Home Lab-Koffer sind jedoch nicht auf SPS-Anwendungen beschränkt, sondern können flexibel mit beliebiger Elektronik betrieben werden. Der Koffer, den Prof. Kist mit nach Australien genommen hat, um gemeinsam mit den Ilmenauer Wissenschaftlern in den nächsten Wochen die Möglichkeiten und Grenzen des hybriden Take-Home Lab-Konzepts zu testen, sollen anschließend in einem Projekt zu flexibel kombinierbaren Cross-Reality Laboren in der Hochschullehre für ein Lernen und Arbeiten 4.0 weiterentwickelt werden. Dann sollen die Koffer auch Studierenden in die Hand gegeben werden, damit sie von zu Hause aus mit ihrer eigenen Hardware experimentieren können, erklärt Dr. Henke:

Damit möchten wir den Gedanken von rein virtuellen Remote Labs hin zu hybriden Online-Laboren erweitern, die haptische und audiovisuelle Rückmeldungen vor Ort bieten.

 

Kontakt

Dr. Karsten Henke

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Integrierte Kommunikationssysteme