Migration, Medien und die Öffentlichkeit: Die Auswirkungen der Medien auf die öffentliche Meinung über Einwanderung und die Einstellung gegenüber Migranten und Flüchtlingen

Verantwortliche Personen:   Jens Wolling / Maija Ozola-Schade

Projektdauer:         1990 - aktuell

Die Einwanderung ist eines der häufigsten diskutierten und umstrittensten Themen in entwickelten Demokratien. Angesichts der zunehmenden Zahl von Migranten und der starken Stimmung gegen Einwanderung in vielen europäischen Ländern liegt der Schwerpunkt der EMPK-Forschungsgruppe auf der Rolle der Medien bei der Bildung und Entwicklung der öffentlichen Meinung gegenüber Migranten und Flüchtlingen sowie auf den Folgen, die sich daraus für die politischen Prozesse ergeben. Derzeit laufen zwei Projekte: Zum einen wird die Flüchtlingsthematik im deutschen Kontext untersucht, zum anderen wird die internationale Perspektive der Migrationsthematik untersucht.

Mediennutzung, Medienwahrnehmung und die Einstellungen zu Flüchtlingen

Wir haben eine Panel-Studie mit vier Erhebungswellen (2016-2020) verwendet, um Medienwahrnehmung, Medienbewertung, Medieneffekte und Einstellungsbildungsprozesse im Kontext der Flüchtlingsproblematik in Deutschland nach 2015 zu untersuchen. Es wurde ein breites Spektrum an Kommunikationskanälen analysiert, darunter Mainstream-Medien, soziale Medien und interpersonelle Kommunikation. In unserer Studie fanden wir überzeugende Belege für die Auswirkungen negativer Einstellungen auf die feindselige Medienwahrnehmung, während positive Einstellungen geringere Auswirkungen zeigten. In einer anderen Studie identifizierten wir drei verschiedene Typen von Informationsnutzern zur Flüchtlingsdebatte in der deutschen Bevölkerung und verglichen diese Gruppen hinsichtlich ihrer Einstellungen gegenüber Flüchtlingen und der Flüchtlingspolitik sowie ihrer Erwartungen an die Medienberichterstattung über das Thema. Auf ähnliche Weise wurde in einer weiteren Studie eine Typologie für den Zusammenhang zwischen Einstellungen und Verhalten zum Thema Flüchtlinge entwickelt und die Bedeutung von Mainstream-Medien und sozialen Medien zwischen den ermittelten Bevölkerungsgruppen verglichen. Schließlich untersuchten wir das Auftreten von Politikverdrossenheit in Bezug auf die Flüchtlingsproblematik in der deutschen Bevölkerung und dessen Zusammenhang mit der themenspezifischen Mediennutzung, dem Vertrauen in Nachrichtenmedien und der Themenmüdigkeit.


Immigration in Europa: Medienwirkung auf die Einstellung zur Immigration

Die Forschung verfolgt eine längsschnittliche und länderübergreifende Perspektive, um die Auswirkungen der Medien auf die Wahrnehmung und Einstellung der europäischen Bevölkerung zur Einwanderung zu untersuchen. Durch eine Sekundäranalyse von Daten aus dem European Social Survey (ESS) wird erforscht, wie sich Gruppenbeziehungen in 19 europäischen Ländern auswirken. Unter Berücksichtigung des Medienumfelds als Kontextvariable zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Mediensystemen Europas. Ein klarer Trend ist erkennbar: Je höher die Qualität der Medienlandschaft, desto positiver sind die Einstellungen zur Einwanderung. Eine weitere Studie untersucht die Auswirkungen von Media Priming auf die Einstellung zur Einwanderung in sechs europäischen Ländern. Die Ergebnisse zeigen, dass eine umfangreichere Medienberichterstattung mit positiveren Einstellungen zur Einwanderung korreliert. Dieser Zusammenhang ist jedoch bei politisch rechten Gruppen deutlich schwächer und bei politisch linken Gruppen nur geringfügig stärker ausgeprägt. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass Medien bestehende Überzeugungen über Einwanderung aktivieren können. Für künftige Arbeiten ist eine Längsschnitt-Inhaltsanalyse nationaler Nachrichtenmedien zum Thema Einwanderung in sechs europäischen Ländern geplant, wobei semi-automatische Inhaltsanalysen zum Einsatz kommen sollen. Diese Daten sollen mit den Umfragedaten aus dem ESS kombiniert werden, um die Auswirkungen der Medien auf der Makroebene hinsichtlich der Wahrnehmung und Einstellung zur Einwanderung zu untersuchen.


Medienberichterstattung über Migranten und der Erfolg rechtsgerichteter Parteien

Frühere Forschungsarbeiten der EMPK haben den Zusammenhang zwischen der Medienberichterstattung über Immigration und Wahlergebnissen untersucht. Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin im Jahr 1989 erhielt die rechte Partei, die Republikaner, unerwartet 7,5 % der Stimmen. Dieser Wahlerfolg gab den Anstoß für eine Studie, die erforschte, welche Faktoren dafür verantwortlich sein könnten. Die Kombination aus Umfragedaten und Inhaltsanalysen zeigte, dass die Art und Weise, wie die Migration in den Medien dargestellt wurde – ein Thema, das von den etablierten Parteien weitgehend ignoriert wurde –, eine plausible Erklärung für den Erfolg der Republikaner darstellte.